Insekten lassen sich einerseits in solitär lebende Arten, als auch in eusozial organisierte Arten unterteilen.
Eusozialität beschreibt die höchste Organisationsform sozial interagierender Insekten – sie leben in persistierenden, staatenähnlichen Verbänden und teilen sich Aufgaben wie Nahrungssuche und -bereitstellung, Verteidigung, Klimatisierung und Brutaufzucht. Allerdings gibt es hier verschiedene Ausprägungen – von sogenannten Superorganismen, wie Ameisenvölkern, Termitenbauten oder Honigbienenstöcken, hin zu loseren, primitiveren Verbänden, in denen das Zusammenleben auf weniger Aspekte beschränkt ist. Eusozial (also in Staaten lebende) organisierte Insekten stellen einen großen Anteil der Biomasse verschiedener Regionen der Welt – allein in tropischen Regenwäldern machen sie ein Drittel der gesamten Biomasse aus.
Die verschiedenen Formen des sozialen Zusammenlebens
Nicht immer verbleiben Insektenarten über die gesamte Spanne ihres Lebens in gleichermaßen organisierten sozialen Organisationsformen. Zwar leben Honigbienen oder Ameisen dauerhaft eusozial, manche Wildbienen hingegen machen sich in den Perioden des Zusammenlebens verschiedene Lebensformen zu Nutzen. Gewisse Wildbienen bauen ein Nest und legen allein die Brut an, leben also für eine gewisse Zeit solitär. Erst mit dem Schlupf der nächsten Generation beginnt die eusoziale, also gemeinsame Lebensweise, in der die Aufgabenteilung erfolgt. Dies nennt sich auch „primitiv-eusozial“. Auch das Klima kann entscheidend sein, ob eine Art solitär oder eusozial organisiert lebt.
Manche Insektenarten leben subsozial. Sie zeigen kein ausgeprägtes soziales Verhalten, aber betreiben Brutpflege und legen in einigen Fällen auch komplexe Nestbauten an. Quasisoziale Arten hingegen kooperieren auch bei der Brutpflege und semisoziale Arten weisen sogar ein Kastensystem auf (bei dem sich nur ein Individuum oder einige wenige Weibchen der Gemeinschaft fortpflanzen und Aufgaben verteilt ausgeführt werden).
Erfüllen die Kolonien einer Insektenart alle oben genannten Punkte und leben die Individuen überdies über mehrere Generationen zusammen, so kann von einem hoch-eusozialen Staat gesprochen werden.
Die Evolution des sozialen Zusammenlebens
Solitär lebende Insekten sind bei der Nahrungssuche, der Brut und dem Nestbau auf sich allein gestellt. Dabei können dem Individuum Umweltstressoren und natürliche Feinde zur Last fallen. Da die Entwicklung hin zu komplexer organisierten Lebensformen die evolutionäre Ausbildung gleich mehrere Eigenschaften nötig macht, ist dies nur einigen Arten gelungen. Die sich daraus ergebende Vorteile umfassen jedoch eine erhöhte Produktivität und ein größerer Schutz aller involvierten Individuen vor externen Gefahren. Gebildet wurde in manchen Fällen also ein Superorganismus, in dem die Autonomie der Individuen verloren geht und die Spezialisierung auf verschiedenste Aufgaben nur noch dem Interesse des Staates dient.
Die Kommunikation im Staat
Die Kommunikation ist bei der Organisation der hochkomplexen Insektenstaaten eine der wichtigsten Errungenschaften der Evolution. Chemische Kommunikation ist nur eine Variante – hierbei werden Substanzen, wie Pheromone, ausgesendet und empfangen. Diese Substanzen agieren als Reize, die Informationen enthalten, können aber auch manipulierender Natur sein. Die Königinnen-Substanz zum Beispiel wirkt im Bienenvolk langanhaltend auf die Arbeiterinnen und hemmt deren Entwicklung hin zu geschlechtsreifen Tieren. Gleichzeitig wirkt dieses Pheromon auch als Sexuallockstoff auf die männlichen Drohnen. Um die Kommunikation in den komplexen Insektenstaaten zu gewährleisten, hat die Natur noch weitere Wege gefunden. Bei den Bienen ist dies etwa die Tanzsprache, die von Karl von Frisch beschrieben wurde. Aber auch taktile und visuelle Signale finden Verwendung.
Insektenstaaten funktionieren also nur, weil die Evolution gewisse, egoistische Eigenschaften der Individuen ausgeschalte und neue, komplexe Verhaltensmuster in das Repertoire der Arten eingebracht hat.
Quellen / Weiterführende Informationen
- Leonhardt, S. D., Menzel, F., Nehring, V., & Schmitt, T. (2016). Ecology and evolution of communication in social insects. Cell, 164(6), 1277–1287. https://doi.org/10.1016/j.cell.2016.01.035.
- Heinze, J. (2010). Konflikte und Konfliktlösung in den Staaten sozialer Insekten. Zwischen Superorganismus und Polizeistaat. Biologie in Unserer Zeit, 40(2), 84–91. https://doi.org/10.1002/biuz.201010415.
- https://www.zobodat.at/pdf/Beitraege-zur-Entomologie_35_0181-0215.pdf
- https://www.wildbienen.info/biologie/soziale_bienen.php